Mädchen und der Leibarzt by Beerwald S

Mädchen und der Leibarzt by Beerwald S

Autor:Beerwald, S [Beerwald, S]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-03-20T23:00:00+00:00


Der Leibarzt lehnte sich mit einem entspannten Lächeln auf dem Samtstuhl zurück und faltete die Hände über der Brust, als säße er im Theater und erwarte den Beginn eines Lustspiels.

Aurelias Augen füllten sich mit Tränen. »Ich gehe nicht eher aus dieser Höhle, als dass Sie mir geholfen haben! Verstehen Sie denn nicht? Ich kann das Kind nicht bekommen. Im Stift sind meine Tage gezählt, und zu Hause würde man mir mit schwangerem Leib nicht einmal die Tür öffnen! Wo soll ich denn hin?«

Der Leibarzt schob eine Hand in seine blauseidene, im Feuerschein glänzende Weste. »Ein wahrhaft dramatisches Epos. Zudem stellt sich die Frage, ob der Kindsvater überhaupt noch lebt. Ihr Möchtegernsoldat Gregor ist doch nicht Manns genug, überhaupt eine Waffe zu führen.«

Sie blieb vor dem Schreibtisch stehen und sah dem Leibarzt tapfer in die Augen. »Umso dringlicher benötige ich Ihre Hilfe.«

»So sollten wir uns zuerst über meine Entlohnung unterhalten, wenn ich Ihnen das Balg schon unbedingt wegmachen soll.«

Aurelia atmete tief durch. »Wie viel verlangen Sie? Ohne Bemäntelung habe ich kein bares Geld zur Verfügung, das wissen Sie.«

»Oh, wer spricht denn von Geld?« Er stand auf, verschränkte die Arme hinter dem Rücken und umrundete sie gemessenen Schrittes wie eine Stute vor dem Kauf. Seine Ausdünstungen glichen denen eines Misthaufens, schwer und unerbittlich drang ihr der Geruch in die Nase, während sein Blick unaufhaltsam über ihren Körper wanderte, über jede ihrer Rundungen und schließlich auf der Stelle ihres Rockes haften blieb, wo er ihre Scham vermutete. »Ich gedachte vielmehr an tägliche Besuche Ihrerseits. Allerdings kann ich Ihnen nicht versprechen, dass Sie hernach nicht wieder dasselbe Problem haben wie zuvor, ich meine, falls ich Ihre Kirche nicht rechtzeitig vor dem Segen verlasse. Aber sodann können wir gern von vorn beginnen.« Er entblößte sein fauliges Gebiss. »Das Leben ist nun einmal ein ewiger Kreislauf, nicht wahr, Gnädigste?«

Aurelia bewahrte Haltung, obwohl die Wut mit ihr durchzugehen drohte.

Der Äskulap lächelte süßlich. »Sie haben doch sicherlich reichlich Quecksilber gegen das kleine Pickelchen an ihrer Öffnung verwendet, wie ich Ihnen empfohlen habe, nicht wahr?«

»Nein, ich habe kein Quecksilber verwendet. Was hat es mit diesem Pickel auf sich?«

»Nichts weiter. Das bedeutet nur, dass mein kleiner Generalstab leider nicht zu Besuch kommen kann, um Ihnen Freuden zu verschaffen … Aber Ihre zarten Hände werden mir ein trostreicher Ersatz sein.«

»Niemals!«

»Nun, Gnädigste, so kommen wir leider nicht ins Geschäft. Wenn ich Sie nun bitten dürfte, meine Räume zu verlassen, ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Sollten Sie nach reiflicher Überlegung dennoch meine ärztliche Kunstfertigkeit in Anspruch nehmen wollen, so habe ich natürlich Tag und Nacht Zeit für Sie, werte Gräfin.«

»Zu gütig!«, war alles, was Aurelia herausbrachte, ehe ihre Stimme kippte. Mit einem Seitenblick zum Medizinregal verließ sie die Höhle des Äskulap.

Auf dem Weg in ihre Räume, die schon bald nicht mehr ihr gehören würden, hatte sie das Medizinbuch vor Augen, in dem sie in der Bibliothek gelesen hatte. Es war, als könnte sie es noch einmal aufschlagen, die vergilbten Seiten umblättern, bis sie den gesuchten Eintrag vor sich sah.

Wohlverleihblumen. Flores Arnicae … zur Wiederherstellung des unzeitig unterbrochenen Monatsflusses.



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